“Wir befinden uns aktuell auf einem Highway, der jedoch ins Nichts führt.” In etwa so beschrieb Maja Göpel, Politökonomin und Transformationsforscherin, die aktuelle Situation bei dem TEDxPotsdam-Event „MORE or LESS?“ am vergangenen Mittwoch. Damit die sozio-ökologische Transformation gelingen könne, so Maja Göpel, sollten wir anstelle dessen, die uns noch unbekannten Abzweigungen nehmen. Diese können zwar einige Hürden bereithalten, würden uns aber letztendlich an das Ziel führen.
Was hat sie damit wohl gemeint?
Wir stehen vor einigen Veränderungen
Unsere Arbeitswelt befindet sich derzeit im Umbruch – sei es durch die Klima- und Biodiversitätskrise, den demografischen Wandel oder die Digitalisierung. Diese Veränderungen stellen Organisationen vor einige Herausforderungen.
Denn Veränderungen können viel Verunsicherung, das Gefühl des Kontrollverlusts und sogar Widerstände bei den Mitarbeiter*innen hervorrufen. Denn Veränderungen betreffen nicht nur Strukturen und Prozesse, sondern vor allem auch die Menschen, die in diesen Systemen arbeiten.
Ein Beispiel für Widerstand in Veränderungsprozessen
Ein mittelständisches Unternehmen hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, seine Produktionsprozesse zukünftig klimaneutral zu gestalten. Um dieses Ziel zu erreichen, sind Investitionen in neue Technologien, die Reduktion von CO2-Emissionen und die Entwicklung nachhaltiger Produkte notwendig. Doch diese Transformation führt zu erheblichen Unsicherheiten bei den Mitarbeiter*innen: Viele befürchten, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Zusätzlich sind umfangreiche Schulungen erforderlich, um neue Prozesse zu erlernen, was die Mitarbeiter*innen überfordert. Die Veränderungen werden von der Unternehmensführung ohne eine ausreichende Einbindung der Mitarbeiter*innen vorangetrieben, wodurch sich das Gefühl verstärkt, dass ihre Bedenken nicht gehört werden.
In solchen Momenten des Wandels durchleben Mitarbeiter*innen, aber auch Führungskräfte, unterschiedliche Phasen und Emotionen. Diese zu verstehen und aktiv zu begleiten, ist ein wesentlicher Bestandteil erfolgreicher Organisationsentwicklung.
Die 7 Phasen der Veränderung
Bei Veränderungsprozessen in Organisationen sowie im persönlichen Kontext durchlaufen wir unterschiedliche Phasen und Emotionen: Schock, Ablehnung, Akzeptanz, Lernen, Erkenntnis und schließlich Integration. Die emotionalen Reaktionen können sich jedoch von Person zu Person unterscheiden. Diese Phasen wurden von Richard K. Streich in dem 7-Phasen Modell veranschaulicht. Es beruht auf den Erkenntnissen der Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross, die in ihrem Buch „On Death and Dying“ in den 1960ern die fünf Phasen der Trauer beschrieben hat.
Der Weg durch die Veränderung
In der vierten Phase „Akzeptanz“, die auch das „Tal der Tränen“ genannt wird, erleben wir oft ein Gefühl der Verzweiflung und Hilflosigkeit. Doch wie gelingt es uns auf unserem Weg nicht im „Tal der Tränen“ zu verlieren und im Chaos zu versinken?
Maja Göpel zufolge gelingt uns das, indem wir eine Brücke bauen – und das mittels Storytelling.
Was steckt hinter Storytelling?
Storytelling – oder auf Deutsch „Geschichten erzählen“ – ist eine Erzählmethode, mit der Wissen und Ideen weitergegeben werden. Dabei geht es nicht nur darum, Fakten zu vermitteln – es geht darum, eine Geschichte zu erzählen, die die Zuhörenden emotional anspricht und sie aktiv in den Erzählprozess einbezieht. Das sorgt dafür, dass sich die Menschen besser mit den Inhalten identifizieren und diese länger behalten (Uni Göttingen, 2017).
Storytelling kann schnell manipulativ wirken, wenn es nicht authentisch ist. Es erfordert ein echtes Verständnis für die Herausforderungen der Menschen sowie eine Haltung, die sowohl die Schwierigkeiten anerkennt als auch die Chancen aufzeigt.
Was macht also eine gute Erzählung aus?
Eine gute Erzählung...
- ... hat ein klares Ziel und vermittelt eine zentrale Botschaft.
- ...spricht die Emotionen der Zuhörer*innen an und stellt eine persönliche Verbindung her.
- ...ist relevant und bedeutsam für die Zielgruppe.
- ...hat eine klare Struktur mit Beginn, Mitte und Ende.
- ...ist authentisch und glaubwürdig.
- ...ist kurz und bleibt fokussiert.
Die Kraft positiver Erzählungen über die Zukunft
Um auf das Bild vom Highway zurückzukommen mit dem ich begonnen habe: Maja Göpel zufolge können wir mit Hilfe von positiven Erzählungen über die Zukunft, Gefühle der Verzweiflung und Frustration minimieren und Mitarbeiter*innen damit ermutigen, die unbekannten Abzweigungen zu nehmen.
Wenn ein Unternehmen wie im Beispiel klimaneutrale Produktionsprozesse einführt, können solche Erzählungen helfen, die Veränderung greifbar zu machen. Sie fördern eine optimistische Perspektive, wecken Hoffnung und Vertrauen in eine bessere Zukunft und stärken die Resilienz. Zudem regen sie Kreativität an, indem sie neue Möglichkeiten und Lösungen aufzeigen. Gute Geschichten schaffen emotionale Resonanz, steigern das Engagement und bieten Orientierung im Veränderungsprozess. Sie bieten Orientierung und Sinn und helfen Menschen, ihren Platz im Prozess zu finden. Zudem motivieren sie zur Veränderung, indem sie zeigen, dass es möglich ist, Herausforderungen zu überwinden und eine bessere Realität zu schaffen. Nicht zuletzt können diese Geschichten dabei helfen, Ängste abzubauen, indem sie alternative, hoffnungsvolle Narrative anbieten und so das allgemeine Wohlbefinden fördern.
Fazit
Storytelling ist eine Methode, die in keiner Change-Kommunikation fehlen sollte. Mit positiven Erzählungen über die Zukunft können Organisationen, ihre Mitarbeiter*innen in den Prozess einbinden und Gefühle der Verzweiflung und Frustration mindern. Für eine sozial-ökologische Transformation, sollten wir Geschichten darüber erzählen, was alles möglich ist. Denn was wir uns nicht vorstellen können, kann auch nicht entstehen.
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Über die Autorin
Janne Trauzettel ist Expertin für strategische und politische Kommunikation. Sie ist überzeugt: Echter Wandel in der Arbeitswelt ist nur dann möglich, wenn wir nicht nur darüber kommunizieren, sondern auch die dafür notwendigen Strukturen schaffen.
In ihrer letzten Rolle als Senior Consultant bei Mut:Republik (jetzt: MUT) hat sie deshalb Unternehmen zu Recruiting, Mitarbeitendenbindung und strategischer Positionierung beraten mit dem Ziel, mehr Teilhabe in der Arbeitswelt zu fördern. Zuvor war sie als Public Relations und Public Affairs-Beraterin für den öffentlichen Sektor und die Zivilgesellschaft tätig und leitete verschiedene Projekte, darunter Kampagnen, Events sowie Film- und Webseitenprojekte.
Um ihre bisherigen Kenntnisse in der Organisationsentwicklung weiter zu vertiefen, nimmt Janne aktuell an dem GOOD CHANGE FACILITATOR Training teil – einem Weiterbildungsprogramm für Change*Makerinnen, die nachhaltigen Wandel in Organisationen mitgestalten wollen.
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Quellen:
Uni Goettingen (2017) Storytelling. Abgerufen unter https://www.uni-goettingen.de/de/document/download/0952de622746c494217a…;