Es gibt in der Psychologie verschiedene Ansätze, die verschiedene Anteile von Personen oder verschiedene Denk- und Verhaltensstile beschreiben. In diesem Text wird der Schwerpunkt auf Persönlichkeitsstile nach Rainer Sachse gelegt. Zur Erklärung wird vor allem sein Werk „Persönlichkeitsstile- Wie man sich selbst und anderen auf die Schliche kommt“ genutzt. Der Text soll Dich darin unterstützen zu verstehen, was Persönlichkeitsstile sind, welche unterschieden werden, was jeder Stil mit sich bringt und wie ein Umgang mit Personen, die hohe Ausprägungen jeweiliger Stile besitzen, möglich ist.
Zu verstehen, wie wir und andere gestrickt sind, kann dabei behilflich sein, sich nicht in Missverständnissen und Konflikten zu verstricken. Stattdessen kann ein Bewusstsein für die eigenen Muster und Muster anderer aufgebaut und neue Formen der Interaktion entwickelt werden. Persönlichkeitsstile sind in allen Lebenskontexten vorhanden, somit auch im Arbeitskontext. Somit soll der Text auch im Arbeitskontext darin unterstützen, Weichen für neue, wohlwollende Interaktionen zu ermöglichen und alte hinderliche Muster wahrnehmen und umgestalten zu lernen.
In diesem ersten Text beschäftigen wir uns nur mit drei Stilen: dem narzisstischen, dem histrionischen und dem dependenten. Bei Bedarf kann Literatur von Rainer Sachse zu allen Stilen und Umgangsformen mit ihnen gefunden werden. Schaue für Dich, ob Du mit dem Konzept etwas anfangen kannst, es für Dich hilfreich ist und Du gern mehr erfahren möchtest.
Was sind Persönlichkeitsstile und welche werden grob unterschieden?
Der Begriff der Persönlichkeit meint die Gesamtheit aller Eigenschaften einer Person. Diese entwickeln sich während des Lebensverlaufs und bleiben langfristig relativ stabil. Traumatische Erlebnisse (vor allem chronische) können dabei einen hohen Einfluss auf eine starke Veränderung der Persönlichkeit einer Person haben.
Persönlichkeitsstile bezeichnen verschiedene Strukturen von Persönlichkeiten. Diese sind mit bestimmten Vorlieben, Annahmen, Ressourcen und Kosten (Herausforderungen) für die jeweilige Person für sich sowie in Interaktionen verbunden. In der nachfolgenden Übersicht von drei ausgewählten Persönlichkeitsstilen wird dies greifbarer.
Wichtig ist zu beachten, dass die verschiedenen Persönlichkeitsstile bei jeder Person in verschieden starker Ausprägung vorhanden sind. Also alle Persönlichkeitsstile sind in Personen enthalten, dabei sind einige sehr präsent und relevant, liegen über dem Durchschnitt, andere sind weniger präsent und fallen im Alltag kaum ins Gewicht. Es handelt sich demnach nicht um etwas, das eine Person hat oder nicht, sondern der Blick auf die Ausprägung und Zusammensetzung ist entscheidend.
Apropo Zusammensetzung. Persönlichkeitsstile sind je nach Kontext hilfreich oder hinderlich. So können Aufgaben, die Genauigkeit und Fehlerfreiheit verlangen, besser oder einfacher von einer Person mit stärkeren Ausprägung eines zwanghaften Persönlichkeitsstils erfüllt werden als zum Beispiel von einer Person mit stärkerer Ausprägung eines histrionischen Persönlichkeitsstils. Diese hingegen kann bei Präsentationen besonders präsent und mitreißend sein.
Demnach ist kein Stil insgesamt besser als der andere. Der Kontext bestimmt, ob eine Person sich wie ein Fisch im Wasser oder an Land fühlt und bewegt. Auch sind Persönlichkeitsstile ganz normal und haben nichts mit etwas pathologischem zu tun. Wir haben sie alle.
Ähnlich wie der Kontext an sich, gibt es auch zwischenmenschlich Personen, die aufgrund ihrer Persönlichkeitsstile in Beziehungen (privat und beruflich) mehr oder weniger Spannung erleben. Denn jeder Persönlichkeitsstil geht mit bestimmten Bedürfnissen beziehungsweise Beziehungsmotiven (Anerkennung, Wichtigkeit, Verlässlichkeit, Solidarität, Autonomie, Grenzen), mit Annahmen, Umgangsformen mit (negativen) Annahmen, Erwartungen an andere Personen und Manipulationsstrategien einher.
Hier einmal eine kurze Zusammenfassung zu den verschiedenen Stilen. Du kannst gern für Dich schauen, wo Du Dich und Menschen aus Deinem Umfeld am Besten wiederfinden kannst. In dem Buch von Rainer Sachse „Persönlichkeitsstile- Wie man sich selbst und anderen auf die Schliche kommt“ kannst Du konkrete Fragen finden, um Deine dominanten Stile zu entdecken. Auch können klassische Persönlichkeitstest durchgeführt werden. Dabei ist es wichtig, dass Du Dir bewusst bist, dass Persönlichkeitsstil und Persönlichkeitsstörung unterschiedlich sind. Bei der Persönlichkeitsstörung geht es knapp um sehr hohe Ausprägungen auf den Skalen, die die Lebensfähigkeit der betroffenen Person und/oder des Umfelds stark beeinträchtigen und Bedarf zur Unterstützung besteht.
Narzisstischer Persönlichkeitsstil (Schwerpunkt Anerkennung)
*Sei erfolgreich * leiste viel * beweise wie gut du bist * vermeide Fehler * vermeide Situationen, in denen Du abgewertet werden kannst * Gib wenig von Dir preis *Zeige Dich im guten Licht*
Personen mit einem ausgeprägten narzisstischen Persönlichkeitsstil besitzen ein doppeltes Selbstschema. Einerseits zweifeln sie im Zuge biografischer Erlebnisse der Abwertung oder unzureichenden Anerkennung an ihren eigenen Leistungen, ihrer Kompetenz, Intelligenz und allgemeinen Fähigkeiten. Andererseits besitzen sie das Selbstschema, besonders leistungsstark, kompetent, intelligent und fähig zu sein. Diese Selbstwahrnehmung kann realistisch, aber auch überhöht sein und stellt in den meisten Fällen einen Versuch der Kompensation der negativen Selbstwahrnehmung dar. Durch das vorhandene negative Selbstschema sind Personen mit stark narzisstischem Persönlichkeitsstil empfindlich bei Kritik. Diese aktiviert nämlich die eigenen Zweifel. Dabei kann es sich bei der empfundenen Kritik um eine Aussage gehandelt haben, die gar nicht als Kritik angedacht war. Das Gegenüber wird als Angreifer:in wahrgenommen.
Lob hingegen unterstützt das positive Selbstschema, kompetent und fähig zu sein und erzeugt eine stärkere Verbindung zum Gegenüber.
Beziehungen und soziale Interaktionen werden als Leistungssituationen erlebt. Die Erwartungen sich beispielsweise jene bewertet, abgewertet, geprüft, im Stich gelassen oder bevormundet zu werden, sich nicht auf andere verlassen zu können. Daher wird das Gegenüber in sozialen Interaktionen getestet, sodass bei positivem Ausgang Entspannung und Verbindung für jemanden mit narzisstischem Persönlichkeitsstil entstehen kann. Oder falls der Test nicht bestanden wurde, die Person in Zukunft abgewertet wird.
„Man hat mich wie einen VIP zu behandeln“ und „Man hat mir Sonderrechte zu gewähren“ sind Grundlage der Annahme, wie das Gegenüber mit der betroffenen Person umzugehen hat. Daher werden von Personen mit starker Ausprägung auf dieser Skala gern Zusatzleistungen für die eigene Person, sowie Offenheit und Bereitschaft, Aufgaben delegiert zu bekommen, erwartet.
Ihr Schwerpunkt der Manipulation liegt darin, durch andere Bewunderung zu erhalten (z.B. durch das Mords-Molly-Spiel) oder andere für eigene Belange und Interessen einzuspannen. Dafür können verschiedenste Strategien genutzt werden (u.a. dem Gegenüber das Gefühl zu vermitteln, die Aufgabe besonders gut erfüllen zu können).
Wie bereits angemerkt sind Persönlichkeitsstile mit Stärken und Kosten verbunden. Bei dem narzisstischen Persönlichkeitsstil sind es folgende:
Ressourcen/Stärken |
Hindernisse/Kosten |
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Histrionischer Persönlichkeitsstil (Schwerpunkt Wichtigkeit)
* sorge dafür, dass Du Aufmerksamkeit erhältst * Bringe andere dazu, Dich ernst zu nehmen * Sei die wichtigste Person * Sei die Nummer eins für andere * Bleibe die wichtigste Person für andere *
Personen mit einem starken histrionischen Persönlichkeitsstil haben sich während ihres Lebens nicht wichtig genug erlebt. Dieses Erleben wurde verinnerlicht, sodass das Selbstschema „ich bin nicht wichtig“, „ich bin anderen egal“ „ich werde nicht wahrgenommen“, „ich bin es nicht wert, dass man mir zur Seite steht“, „keiner kümmert sich um mich“ dazu führt, dass es eine Verzerrung in der Wahrnehmung gibt. Trotz externer Bekundung und Beweisen der Wichtigkeit der betroffenen Person, erlebt diese sich weiterhin als nicht wichtig für ihr Umfeld. Ein Realitätscheck kann oftmals behilflich sein, das Bewusstsein für die Verzerrung transparent zu machen. Hilfreich ist dabei, sich bereits vorher zu überlegen, wie viele Bekundungen, Aktionen, Telefonate, Kontakte und Lob ausreichend wären, um sich wichtig genug zu fühlen.
Für Beziehungen (beruflich und privat) bedeutet dies, dass durch das sehr sensible Wahrnehmen von Informationen, die zu dem genannten Selbstschema passen, allein ein Abschweifen des Blickes oder eine verspätete Kontaktaufnahme zur Interpretation „ich bin xy nicht wichtig“ führen.
Für Betroffene werden interaktive Situationen durch die „wie wichtig bin ich dir“-Brille betrachtet. Dadurch wird sich ständig mit dem externen Eindruck der eigenen Person beschäftigt und wenig innerlich mit sich selbst. Die Referenz liegt im Außen. Um sicherzustellen, wichtig genug zu sein, ist es wichtig, das eigene Handeln so auszulegen, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass das Gegenüber sich mit der Person mit starkem histrionischen Persönlichkeitsstil befasst.
Die daraus entstehenden Manipulationsstrategien sind beispielsweise auffallen mit tollen Geschichten, Attraktivität, erotischer Ausstrahlung, Inszenierung der eigenen Person, in die Länge gezogene Konflikte, Vorwürfe, Bestrafung des Gegenübers (z.B. Entzug von angenehmen Aktivitäten).
Die eigene Annahmen der Interaktion lauten etwa: „Ein Interaktionspartner hat mir uneingeschränkt Aufmerksamkeit zu geben.“, „Man hat sich um mich zu kümmern.“, „Mein Gegenüber hat meine Regeln zu kennen und zu befolgen, ganz ohne, dass ich diese klar kommunizieren muss. Andernfalls darf ich das Gegenüber bestrafen.”
Ressourcen/Stärken |
Hindernisse/Kosten |
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Dependenter Persönlichkeitsstil (Schwerpunkt Sicherheit/Verlässlichkeit)
* Sorge dafür, dass Dein Gegenüber bei dir bleibt * Vermeide Ärger, Frust, Kränkung oder Unzufriedenheit des Gegenübers * Vermeide Konflikte und Probleme * Ordne Dich unter
* Vermeide es eigene Wünsche, Anliegen und Bedürfnisse zu haben*
Personen mit einem stark dependenten Persönlichkeitsstil haben früh die Erfahrungen machen müssen, dass Beziehungen nicht sicher sind (z.B. durch Verlassen werden und sie dem hilflos ausgeliefert sind). Dadurch verhalten sie sich gern so, dass das Gegenüber es so einfach wie möglich hat und versuchen, so umgänglich wie möglich zu sein, um die andere Person zu halten. Dependente Verhaltensweisen passen übrigens zu narzisstischen. Während letztere gern delegieren, nehmen dependent aufgestellte Personen gern Aufgaben ab. In dieser vermeintlichen Harmonie bleibt jedoch der Raum für Wachstum und echten Austausch und Kontakt aus. Personen mit dependentem Persönlichkeitsstil fühlen sich sicher und wohl, wenn sie sich auf das Gegenüber verlassen können und wissen, dass es da ist, wenn sie es brauchen. Bleibt diese Sicherheit und Verlässlichkeit aus, entwickeln sie schnell Sorgen und Ängste.
Kommt es zu Beziehungsabbrüchen, beziehen sie diese oftmals auf sich selbst, die eigenen vermeintlichen Schwächen. Sie erleben sich dem Verlassenwerden gegenüber hilflos und bezweifeln, emotional mit dieser Erfahrung umgehen zu können. Denn das ist, was sie in den meisten Fällen in der Kindheit erlebt haben.
In den Interaktionen mit anderen wird neben der Instabilität von Beziehungen auch davon ausgegangen, dass Konflikte bedeuten, dass die Beziehung am Wanken ist. Konflikte werden selten als eine Möglichkeit wahrgenommen, sich besser kennenzulernen und Transparenz zu entwickeln, sondern als Beziehungsrisiko.
Daher wird versucht, Konflikte zu vermeiden durch die „Unsichtbarkeit“ eigener Anliegen, Wünsche und Bedürfnisse.
Bei Personen mit stark dependentem Persönlichkeitsstil ist es nicht so einfach, die Manipulationsstrategien wahrzunehmen. Das gilt für die Person selbst, sowie für andere Personen, die Interaktionen von außen wahrnehmen. Denn die Fürsorge und Extraleistung wird kommuniziert als eine eigene Freude, ein Anliegen, das auf dem Wunsch der Fürsorge für das Gegenüber (Leitung oder Kolleg:innen) oder die Sache an sich (Unternehmen, Auftrag) besteht. Der Wunsch, die Verbindung zu den betroffenen Personen oder Unternehmen aufrechterhalten zu wollen und große Angst vor dem Verlassenwerden oder Ausschluss zu haben, ist schwieriger wahrnehmbar.
Ressourcen/Stärken |
Hindernisse/Kosten |
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Entdecken und Experimentieren
In diesem Abschnitt soll es nun darum gehen, wie Du mit Dir selbst umgehen kannst, wenn Du Dich in einem oder mehreren der Stile wiedererkennst. Aber auch, wie mit einer anderen Person umgegangen werden kann, die einen der genannten Stile besitzt.
Alle drei genannten Motive haben ihre Stärken und Herausforderungen. Die eigenen entwickelten Strategien sind per se keine böse Absicht, sondern nur ein gelernter Umgang, um wichtige Bedürfnisse zu erfüllen. Da diese oftmals in der Kindheit und Jugend entwickelt werden und sich im Laufe des Lebens stabilisieren, ist es hilfreich, sie bewusst wahrzunehmen und neue Umgangsformen auszuprobieren und gern zu kultivieren. Dadurch kann auch für die eigene Person sowie das gesamte Team ein besseres Verständnis und ein heilsamer Umgang gestaltet werden.
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Umgang mit einer Person mit stark narzisstischem Persönlichkeitsstil
Für die eigene Person:
- Bei Selbstzweifeln, diese wahrnehmen und hinterfragen, wer diese Aussagen damals zu Dir gesagt oder sie Dir auf andere Art und Weise vermittelt hat.
- Erstelle Dir eine Liste von Dingen, die Du gut, mittelmäßig und gar nicht gut kannst. Diese kannst Du gern über eine längere Zeit füllen, um Hoch-und Tiefphasen zu integrieren. Erlaube Dir bewusst einiges gut, einiges mittelmäßig und anderes gar nicht zu können.
- Das Bedürfnis nach Anerkennung durch Leistungen kannst Du bewusst hinterfragen. So kannst Du Dir zum Beispiel vorstellen, was auf Deinem Grabstein stehen soll, wenn Du tot bist. Oder wie Deine Nachfahren und besten Freude Dich in Erinnerung behalten sollen.
- Statt Kritik an sich abzulehnen, schaue Dir gern an, was genau an der Kritik für Dich herausfordernd ist, um besser zu differenzieren.
- Mach Dir bewusst, dass die Ablehnung des Gegenübers oftmals aus Deiner Herausforderung stammt, mit Kritik umzugehen.
- Stelle Dir gern die Frage, was der Gewinn an Kritik ist und was Du durch das Gegenüber lernen kannst.
- Beim Stellen von Forderungen an ein Gegenüber, mache Dir bewusst, woher das Recht stammt, solche Forderungen zu stellen oder diese Aufgaben zu delegieren. Stammen sie aus der Überzeugung, ein VIP zu sein oder aus einer bestimmten Rolle im Arbeitskontext? Sind diese von außen betrachtet angemessen oder nicht? Die letztere Frage kann gern auch noch einmal beantwortet werden, wenn Du Deine Position mit der anderen Person tauschst. Würde sich dadurch etwas ändern?
- Zur Verbesserung der Beziehung zu anderen ist es hilfreich, wenn Du Dich nach ihnen erkundigst, was sie brauchen, welche Vorschläge sie haben. Nehme diese ernst und beziehe sie in Deine Planungen mit ein.
- Stell Dir vor, jemand würde mit Dir umgehen, wie Du mit dem Gegenüber, was ist legitim, was müsste anders sein? Versuche die Veränderungen, die ein wertschätzendes Miteinander noch bräuchte, aktiv umzusetzen. Das kann sich anfänglich sehr seltsam anfühlen. Das ist normal.
Als Gegenüber:
- Um eine gute Grundlage für Interaktion und Austausch zu schaffen, ist es hilfreich das Bedürfnis nach Anerkennung durch Lob zu nähren
- Beachte bei all dem Lob und der Anerkennung Deine eigenen Grenzen und Deine eigene Ehrlichkeit.
- Kritik, die in Lob eingebettet wurde, kann von einer Person mit einem stark narzisstischen Persönlichkeitsstil besser angenommen werden.
- Nimm für Dich wahr, woher das Verhalten stammt und dass es etwas mit den Lernerfahrungen der Person zu tun hat, nicht mit Dir an sich. Das kann behilflich sein, um nicht alles persönlich zu nehmen, sondern schneller von Dir abgleiten lassen zu können.
- Nimm bewusst die Strategien des Gegenübers wahr. Wenn z.B. Dein Gegenüber Dir Kompetenzen zuschreibt, damit Du Aufgaben übernimmst, die Du nicht übernehmen musst oder kannst. Nimm sie wahr als Versuch der Person, die eigenen Bedürfnisse zu erreichen. Das bedeutet nicht, dass Du das wirklich tun musst.
- Sollte das Gegenüber ständig über Grenzen gehen und damit Einzelpersonen, sowie das Team gefährden, ist es hilfreich, zunächst in wohlwollender Kritik Möglichkeiten der Steigerung der Arbeitsqualität anzusprechen und neue Umgangsformen gemeinsam zu entwickeln. Sollte das nicht möglich sein, ist es hilfreich, sich Unterstützung zu holen.
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Umgang mit einer Person mit stark histrionischem Persönlichkeitsstil
Für die eigene Person:
- Nimm für Dich wahr, auf welche Art und Weise Du dafür sorgst Aufmerksamkeit und das Gefühl wichtig zu sein zu erhalten.
- Nimm das Gefühl wahr, nicht ausreichend zu erhalten und führe einen Realitätscheck durch. Wie viele Telefonate, Freunde, Glückwünsche, Lobbekundungen, Komplimente von Kolleg:innen sind nötig, um Dich wichtig zu fühlen. Dann überprüfe diese Angabe mit der Realität (in einem fest gesetzten Zeitfenster).
- Beobachte, wie Du dafür sorgst, dass andere für Dich sorgen, Dich wahrnehmen oder Dir das Gefühl von Wichtigkeit geben. Und versuche diese für einen bestimmten Zeitraum zu unterlassen, um zu schauen, ob Du auch ganz ohne ein aktives Zutun Deine Bedürfnisse erfüllt bekommst.
- Scanne Deine Abenteuerlust und Deine Freude an Extremerlebnissen. Was gewinnst Du dadurch? Wie viel davon brauchst Du wirklich? Wann ist es eher eine Ablenkung von Dir selbst und womit würdest Du Dich beschäftigen können, wenn Du Dich nicht ablenken würdest?
- Versuche aktiv die Bühne für andere begehbar zu machen und entdecke, was Du dadurch von den anderen oder der Situation Neues mitbekommst.
- Überprüfe Dein Recht, andere zu bestrafen und sie an Deinen strengen Regeln zu messen. Schreibe Dir Deine Regeln auf, die es im Umgang mit Dir für andere gibt und welche Konsequenzen eine Regelverletzung hätte. Überprüfe diese, indem Du die Position tauschst und Dir bewusst machst, dass das Gegenüber auch ein eigenes Leben und eigene Normen besitzen darf. Vielleicht kannst Du Stück für Stück mehr Raum dafür erlauben.
- Nimm für Dich bewusst Zeit, die Du mit Dir verbringst, um eigene Bedürfnisse wahrzunehmen und selbstständig zu erfüllen.
Als Gegenüber:
- Gib der Person Aufmerksamkeit, so viel wie möglich und umsetzbar.
- Formuliere im Gespräch aktiv Deine Aufmerksamkeit und Beteiligung an dem Gespräch.
- Nimm Deine eigenen Grenzen und Normen wahr und nimm Dir bewusst Zeit und Raum, um mit der Person mit stark histrionischem Persönlichkeitsstil in den Austausch zu kommen. Auch hier kannst Du betonen, dass Du das Gespräch suchst, da Dir die gemeinsame Lösung, sowie das Gegenüber wichtig ist (wenn es denn so ist).
- Nimm die Strategien des Gegenübers und deren Bedürfnisse bewusst wahr. Du kannst ganz transparent ansprechen, was Dir dabei auffällt. Wozu Du bereit bist und was miteinander verhandelbar ist, was nicht.
- Bei Konflikten können Pausen und Auszeiten helfen, um die Dramatik zu verringern und schneller zu einer Klärung zu kommen.
- Auch die Betonung der Relevanz der anderen Person und der gemeinsamen Beziehung bei Ausdruck von Kritik erhöht die Wahrscheinlichkeit der Klärung, da eine Person mit histrionischem Persönlichkeitsstil die Kritik dann besser annehmen kann.
- Während einer Krise sollte keine aktive Klärung versucht werden, sondern erst einmal die Flamme reduziert und die Situation beruhigt werden.
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Umgang mit einer Person mit stark dependentem Persönlichkeitsstil
Für die eigene Person:
- Untersuche für Dich, was Du möchtest und brauchst. Stell Dir vor, wie es wäre, wenn andere um Dich keine Anliegen und Erwartungen hätten oder sicher mit Dir in Verbindung bleiben würden, was würdest Du dann wollen, gern tun, Dir wünschen? Es kann auch hilfreich sein, diesen Prozess bewusst im Rahmen eines Coachings mit Begleitung zu untersuchen. Achte jedoch darauf, dass Du nicht versuchst, Deinem Coach einen Gefallen zu tun und so zu reagieren, wie sie oder er es gern haben könnte.
- Betrachte für Dich, wie die Verhältnisse der Zuneigung, Fürsorge und Unterstützung in Interaktionen sind. Es kann dazu kommen, dass Du in einem Lebensbereich sehr aktiv gebend bist, in anderen mehr erhaltend. Sollte sich jedoch über die Lebensbereiche hinweg das Muster verfestigen, dass Du auf alle eingehst und auf Dich nicht eingegangen wird, taste Dich voran, Lebensräume aktiv so umzugestalten, dass auch Du erhältst. Denn Du bist wichtig, Du hast verdient, verwöhnt zu werden.
- Erlaube Konflikte und probiere in ihnen Deine eigene Meinung zu kommunizieren. Mache Dir dafür gern bewusst, dass Dein altes Verhaltensmuster aus einer Zeit stammt, in der Du weniger Möglichkeiten und Ressourcen hattest als heute und Du neue Erfahrungen machen darfst. Sei liebevoll zu Dir, wenn es mal nicht so gut läuft und lobe Dich bewusst dafür es versucht zu haben. Oftmals braucht es mehr als einen oder zwei Versuche, denn es handelt sich um alte Gewohnheiten.
- Nimm eigene Aktivitäten frei von anderen wahr.
- Nimm bewusst wahr, welche Entscheidungen Du tagtäglich triffst (Kleidung, Essen, Wege, Kontakt zu Kolleg:in xy) und traue Dich, auch weitere Entscheidungen zu treffen und aus ihnen zu lernen.
Als Gegenüber:
- Erste Regel: Füttere nicht ständig das dependente Muster, auch wenn es für Dich bequem sein mag.
- Kommuniziere klar auch in Konfliktsituationen, dass diese der gemeinsamen Beziehung und dem Interesse an der weiteren Zusammenarbeit dienen.
- Setze Dich bewusst für das Gegenüber ein und sei bewusst für es da.
Inner Work for a Healthy Workspace
In diesem Format bekommst Du einen grundlegenden Hintergrund zu psychologischen Phänomenen und hast die Möglichkeit mit Hilfe von Fragen und Übungen Dich selbst kennenzulernen und auszuprobieren. Dabei können die Fragen Dir behilflich sein, ganz eigene, neue Antworten zu finden. Du kannst die Fragen auch gern anderen Personen stellen, um deren Antworten mit Deinem Selbst-Verständnis zu vergleichen. Die Übungen sind Anregungen, um etwas Neues auszuprobieren. Sehe sie eher wie ein Experiment oder eine Entdeckungsreise als eine Akutlösung oder DAS Rezept. Denn das eine Rezept gibt es bei so viel Vielfältigkeit sowie so nicht.
Einige Themen können Dich dabei mehr, andere weniger ansprechen. Schau für Dich immer wieder, was zu dem Moment, zu Dir und Deinen Ressourcen passt und traue Dich, Dinge einmal anders zu machen.
Soraida Velazquez Reve ist eine psychologische Psychotherapeutin mit verhaltenstherapeutischer Ausrichtung, systemischer Coach und hat viele Jahre im Bereich Tanz und Fitness gearbeitet. Sie arbeitet mir Einzelpersonen und Gruppen im Bereich der Prävention, Akutbehandlung, Nachsorge, sowie Arbeitsgesundheit.
Sie liebt eine interdisziplinäre und ganzheitliche Perspektive und Arbeitsweise. Wissen und eigene Entwicklung erfahrbar zu machen liegt ihr sehr am Herzen, sodass sie in ihrer Arbeit gern aktive Übungen zum eigenständigen Entdecken und Erleben integriert. Diesen Ansatz lebt sie in ihren Therapien, Coachings, Programmen und Gruppensessions.
Innere Arbeit ist berührend, herausfordernd und benötigt Ressourcen wie Energie und Zeit. Sie darf jedoch auch die innere Entdeckungsfreude aktivieren, Spaß machen und beleben.