Es waren einmal sechs Afghanen und zwei deutsche Frauen...

Eine Geschichte, die uns nicht mehr loslässt.

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by Juliette Wyss, January 2, 2017
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ursprünglich erschienen: 23.09.2016

Flüchtlinge. Zahlreich kamen sie tagtäglich in Europa an und verkörpern eine Gefahr -  nämlich die des Ungewissen. Wer sind diese Menschen? Was machen sie hier? Berichte über Aggressionen von Flüchtlingen (und vor allem auch gegen sie) sind keine Seltenheit und die Bevölkerung ist unsicher darüber, wie man mit diesem neuen Phänomen umgehen kann. Zahlreiche Flüchtlingsprojekte wurden gegründet, Unterkünfte erbaut, Beschäftigungsprojekte entworfen und trotz der immer größeren Interaktion zwischen den einheimischen Deutschen und den fremden Ausländern ist die Vorstellung von einem Flüchtling sehr vage. Flashback zu einem Moment, an dem wir zum ersten Mal vor einem riesengroßen Pferd standen. Vorsichtig streckten wir die Hand aus, ermutigt durch unsere Eltern, „es wird dir nicht weh tun!“. Solche Berührungsängste haben wir auch mit Flüchtlingen. Der Unterschied? „Pass auf, der reißt dir die Tasche aus der Hand!“.

Perspektivenwechsel

Als Flüchtling kommt man in einem neuen Land an. Nicht so wie das Kolumbus in Amerika gemacht hat, mit Schiffen voll Soldaten und Essen, sondern mit (wenn’s hochkommt) der Familie und einem Koffer mit ein paar Kleiderstücken. Die Fremde zeigt sich nicht nur darin, dass man die Straßenschilder auf einmal nicht mehr lesen kann, sondern dass einem eine ganze Kultur an den Kopf geschmissen wird: Soziale Kontakte, Begrüßung, Verkehrsregeln, ungeschriebene Verhaltenskodexe (die, wenn wir ehrlich sind, nicht einmal für einen gebürtigen Deutschen immer nachvollziehbar sind) und vieles mehr werden auf einen Flüchtling losgelassen. Und das alles, während sich die Bevölkerung davor fürchtet, sich mit der Problematik zu konfrontieren.

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Noch ein Flüchtlingsprojekt (?)

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat sich nicht nur darüber den Kopf zerbrochen, wie man das Leben von Flüchtlingen aushaltbar gestalten kann, sondern auch, wie man sie auf intelligente Art und Weise in die vor Furcht gelähmte deutsche Gesellschaft integrieren kann. So wurde das Projekt „Menschen stärken Menschen“ ins Leben gerufen, bei dem man als Mentor/in Flüchtlinge während ihrer Zeit in Deutschland betreuen kann und ihnen dabei hilft, sich so gut wie möglich zu integrieren. Dieses Projekt wird von mehreren Organisationen durchgeführt, unter anderem und vor allem auch vom Deutschen Roten Kreuz (DRK), das sich mit dem Programm „Ehrenamtliche Patenschaften für geflüchtete Menschen" daran beteiligt und diese Patenschaften vermittelt. Doch was heißt Integration überhaupt? Um das DRK zu zitieren: “Der Prozess der Integration besteht grundsätzlich aus Annäherung gegenseitiger Auseinandersetzung und Kommunikation, dem Finden von Gemeinsamkeiten und Unterschieden und der Übernahme gemeinschaftlicher Verantwortung auf beiden Seiten.“

Es handelt sich um ein Projekt, dass an beiden Fronten ansetzt und nicht nur dazu dient, Flüchtlingen beizubringen, wie man sich auf deutsche Art die Hand schüttelt, sondern auch dazu anregt zu lernen, wieso es für Afghanen vielleicht seltsam ist, sich zwei Küsschen auf die Backe zu geben; es geht darum, den Dialog zu fördern.

Ein Wille, seine Berührungsängste zu überwinden, ist die Hauptvoraussetzung für die Teilnahme am Programm. Wie intensiv diese Berührung sein wird, ist jedem selber überlassen. Doch man sollte nicht unterschätzen, was sich alles aus einer einfachen Berührung entwickeln kann.

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A Heart Touching Story

So erging es Arzu und Hilal, die beschlossen haben, am Projekt teilzunehmen. Seit Januar betreuen die beiden jungen Frauen eine Gruppe von (anfangs) sieben ebenfalls jungen Afghanen und niemals hätten die beiden gedacht, dass aus der lockeren Gruppe eine feste Clique von engen Freunden wird. Sie könnten sich nicht vorsellen auch nur eine Woche zu verbringen, ohne sich nicht mindestens einmal zum Chillen, Lachen oder Diskutieren getroffen zu haben. In den letzten sechs Monaten erlebten die neun jungen Erwachsenen wunderschöne Momente, gingen durch Ups und Downs, lernten sich immer besser kennen und bauten Verständnis dafür auf, was genau im Kopf des anderen abgeht. Vom einfachen Dienstagnachmittagskaffee über gemeinsames Feiern bis hin zum täglichen Wake-Up Call unternimmt die Gruppe so ziemlich alles, was wir als Generation Y so machen -  respektive einiges mehr. Es ist eine aussergewöhnliche Geschichte, die als Symbol dafür steht, dass Freundschaft keine Grenzen kennt - egal ob diese echt oder ausgedacht sind - und dass das große Unbekannte, das an Land strömt, vielleicht gar nicht so anders ist, wie wir uns das vorstellen. Es ist die Geschichte von neun Menschen, die alle an ihre Grenzen stießen, diese überwunden haben und etwas Wundervolles gestalten, was ihnen nie weggenommen werden kann. 

Was wir euch eigentlich mitteilen wollten

So eine Geschichte verdient in unseren Augen nicht nur ein sehr großes Lob und Achtung, sondern auch ganz viel Aufmerksamkeit. Deshalb haben wir zusammen mit dem DRK beschlossen, euch diese Gruppe so hautnah wie nur möglich vorzustellen.

Über die kommenden Monate werden wir für euch alle paar Wochen einen Bericht nach dem Motto #neututgut verfassen über die Clique aus Bad Homburg, über ihre Geschichten, Erlebnisse, Gefühle, Gedanken und vieles mehr. Es soll keine klassische Dokumentation von ZDF Info werden, sondern eine Serie, die ihr, genau wie wir, nicht wieder vergessen könnt. Macht euch gefasst auf spannende Texte, tolle Fotos, berührende Filmaufnahmen und eine Story, die euer Herz nicht mehr loslässt.

Diese Geschichte können wir nur Dank der Mitwirkung des Deutschen Roten Kreuz erzählen. Das DRK betreut als Gesamtverband gegenwärtig bundesweit in 369 Notunterkünften  rund 30.000 Flüchtlinge. Über 25.000 hauptamtliche und ehrenamtliche DRK-Helfer sind rund um die Uhr im Einsatz, um Bund, Länder und Kommunen zu unterstützen: Ihre Aufgabengebiete sind: Aufnahme, Erste Hilfe, Betreuung, Verpflegung, sanitätsdienstliche Versorgung, Suchdienst und Beratung in zum Teil spontan eingerichteten Notunterkünften oder in eingesetzten Sonderzügen. Darüber hinaus haben sie zahlreiche Beratungs- und Begleitungsangebote, um auch die nachhaltige und erfolgreiche Integration der Flüchtlinge in den Alltag zu ermöglichen. Hier erfährst Du mehr über die Arbeit der DRK im Flüchtlingsbereich