Raus aus festen Arbeitsverhältnis und rein in den sozialen Sektor

Der Wechsel von der Automobilindustrie in den gemeinnützigen Sektor.

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by Anja Bauer, March 8, 2017
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ursprünglich erschienen: 08.03.2016

Mailin hat das gemacht, von dem viele träumen, sich aber vielleicht nicht trauen, weil es ein Umdenken erfordert, ein großer Lernprozess ist und man Mut dafür braucht: aus dem festen Arbeitsverhältnis in einem gut bezahlten Unternehmen raus und rein in den sozialen Sektor. Hier gibt es nun ein Interview mit Ihren Erfahrungen und Tipps, wie der Karrierewechsel gelingen kann:

Wie sieht bisher dein beruflicher Werdegang aus?

Alles fing mit meiner Masterarbeit 2014 an. Eigentlich habe ich einen Master im Bereich Marketing gemacht. Meine Bachelor Arbeit habe ich im Bereich Produktmanagement in Zusammenarbeit mit BMW geschrieben. Während meines Studienaufenthalts in Südafrika 2013 habe ich einen Einblick in soziale Projekte vor Ort bekommen und den Entschluss gefasst, mit meiner Masterarbeit tiefer in das Thema „soziales Engagement/ Non-Profit Sektor“ einzutauchen. Beim Schreiben der Arbeit habe ich gemerkt, was für ein Interesse in mir steckt, ich hatte richtig Spaß und war von dem Thema und dem Bereich total begeistert. Nach dem Abschluss meines Masters hat mir BMW eine Stelle als externe Mitarbeiterin angeboten: gutes Gehalt, unbefristeter Vertrag. Für eine Berufseinsteigerin wie mich natürlich eine top Chance, weshalb ich das Angebot auch angenommen habe.

Wie kam es dazu, dass du den gut bezahlten Job an den Nagel gehängt hast?

Der Job bei BMW war gut und ich konnte viel im ersten halben Jahr dazulernen – gerade für Berufseinsteiger ist ja alles erstmal neu und man braucht Zeit, um sich zu orientieren und in einem Unternehmen zurecht zu finden. Nach der Einarbeitungszeit, habe ich aber gemerkt, dass meine Motivation und auch das Interesse ein bisschen auf der Strecke blieben. Zuerst habe ich mich gefragt „Warum bin ich so unzufrieden?“ – eigentlich gab es keinen Ausschlag gebenden Punkt. Die Arbeitsbedingungen haben gepasst, die Kollegen waren nett und trotzdem habe ich am Sonntagabend eine leichte Unlust verspürt, montags früh aufzustehen und ins Büro zu gehen.

Wie ging es dann weiter, was hast du für dich durch diese Unzufriedenheit herausgefunden?

Durch viele Gespräche mit Freunden und meiner Familie, die mir den Spiegel vorgehalten haben aber vor allem auch durch Selbstreflexion habe ich herausgefunden, dass ich bei meinem damaligen Job einfach nicht mit dem Herzen dabei war. Irgendwann habe ich mich nicht mehr gefragt „Warum bin ich so unzufrieden?“ sondern vielmehr „Was mache ich eigentlich gerne?“, um herauszufinden, welche Leidenschaften mich im Leben vorantreiben. Mir ist dann sofort wieder das Thema meiner Masterarbeit eingefallen, meine Freude am Helfen anderer Menschen und natürlich meine Zeit in Südafrika. Daraufhin habe ich angefangen zu recherchieren, um herauszufinden, welche Jobs, passend zu meinen Qualifikationen und Interessen,  im sozialen Sektor angeboten werden.

Wie genau bist du an deinen jetzigen Job bei „Stifter helfen“ gekommen?

Ich habe unglaublich viele Initiativbewerbungen geschrieben, mich auf verschiedene ausgeschriebene Stellen beworben, auch Praktikumsstellen, querbeet in verschiedenen sozialen Themengebieten. Oftmals habe ich, wenn keine Stellen ausgeschrieben waren einfach bei der Organisation angerufen, um nachzufragen, ob es Sinn macht eine Initiativbewerbung zu schreiben. Bei vielen kam die Aussage: „Wir haben zwar keine Stellen ausgeschrieben. Aber schicken Sie mal rüber, man weiß ja nie…“.

Zudem habe ich viel in Karrierebüchern gelesen und habe mich dadurch genauer mit der Frage „Was gibt mir Sinn?“ auseinandergesetzt.

Auf ungefähr 30 Bewerbungen wurde ich zu drei Gesprächen eingeladen. Die Entscheidung ist Schlussendlich auf meinen jetzigen Job gefallen in dem sich sehr glücklich bin.

Wie hat dein damaliger Arbeitgeber reagiert, als du beschlossen hast zu wechseln?

Eigentlich haben alle meine Kollegen meine Entscheidung unterstützt und nach jedem Bewerbungsgespräch gefragt, wie es denn lief. Mein damaliger Abteilungsleiter hat in einem Gespräch gesagt: „Es muss auch Menschen geben, die auf ihr Herz hören“. Das hat mich sehr motiviert.

Gibt es Tipps, die du „Karrierewechslern“, also von der Wirtschafts- in die Sozialbranche mitgeben würdest?

Es ist wichtig einen Anhaltspunkt zu haben, um einen Fuß in den Sozialsektor zu bekommen. Bei mir war eine gute Referenz die Masterarbeit. Ich empfehle allen Menschen, die die Branche wechseln wollen, sich vielleicht erstmal eine Engagementtätigkeit bei einer sozialen Organisation zu suchen. Zudem ist ein authentisches Anschreiben wichtig. Ich bin ehrlich darauf eingegangen, warum ich die Branche wechseln möchte und einer Sinn erfüllenden Tätigkeit nachgehen möchte. Die Stellen sind ja meistens weniger gut bezahlt, wie in der Wirtschaft – deshalb ist es wichtig, dass man sich seiner Entscheidung bewusst ist und zu 100% hinter dieser steht.

Wo siehst du dich selbst in 10 Jahren?

Ich möchte auf jeden Fall im sozialen Sektor bleiben, denn ich habe das Gefühl, menschlich in der richtigen Branche angekommen zu sein. Und wenn es mal Tage gibt, die nicht so rund laufen (so, wie es halt in jeder anderen Branche auch ist), weiß ich am Ende des Tages, dass ich einen kleinen Teil dazu beigetragen habe, dass der soziale Sektor wachsen kann und ich diesen mit meiner Arbeitskraft unterstütze. Das ist schon sehr erfüllend. Ein Traum wäre es, mal ein Projekt in Südafrika zu unterstützen – das ist aber Zukunftsmusik.

Der "Karriere mit Sinn" Guide bietet eine Übersicht für SchulabgängerInnen, StudentInnen und Berufsein- bzw, umsteigerInnen, die sich für eine Karriere mit gesellschaftlichem Mehrwert interessieren. Momentan überwiegen die Informationen aus der Privatwirtschaft und aus herkömmlichen Industrien. Der  Guide soll dieses Angebot ergänzen und ebenfalls an Schulen, Universitäten, Karrieremessen und anderen Berufsberatungsstellen ausliegen.