Was sind Best Practices, wie können wir flexible Arbeitszeiten & -orte, rollenbasierte Strukturen und New Pay Elemente in Arbeitsverträgen umsetzen? Was gibt es schon und woran knabbern wir noch?
Diesen Fragen haben wir uns beim letzten New Work & Culture Circle von Talents4Good und tbd* am 14.09.2022 gewidmet. Als Referentin war dieses Mal Julia Wittig dabei.
Warum ist die Ausgestaltung der Arbeitsverträge für uns relevant und welche Aspekte sind aus New Work Perspektive von Bedeutung?
Wenn sich die Arbeitswelt ändert, müssen sich früher oder später auch die rechtlichen Rahmenbedingungen anpassen. Derzeit wird "New Work" oft als Oberbegriff für zahlreiche innovative Arbeitsmodelle verwendet, bei denen die "Arbeitnehmenden" in den Mittelpunkt rücken. Zentral dabei ist, dass dabei auch der Mensch und die Bedürfnisse im Vordergrund stehen sollen. Wie können der Sinn des Individuums, das was die Welt braucht und die Unternehmung in größtmöglichen Einklang gebracht werden? Wie können wir Arbeitsbeziehungen auf Augenhöhe, die eine Kultur des Vertrauens, sowie Sicherheit fördern? Wir Menschen bewegen uns tendenziell zwischen den Bedürfnissen nach Sicherheit und Zugehörigkeit und dem Wunsch nach Autonomie und Selbstverwirklichung. Diese Bedürfnisse zusammen zu bringen ist für jede Organisation ein kontinuierlicher Balanceakt. Bei vielen New Work Unternehmen stehen der Wunsch nach Selbstentfaltung, Freiheit und Flexibilität relativ hoch auf der Werteskala und sind treibende Kräfte für die Motivation der Mitarbeiter*innen.
Stichworte New Work Kultur:
- Gelebter individueller und kollektiver Purpose & Sinn im Job
- Innovation, Flexibilität & Freiheit
- Potentialentfaltung
- Partizipation & Teilhabe an der Gemeinschaft
- Work-Life-Balance
Welche dieser Ansätze können, sollen oder müssen in einem Arbeitsvertrag abgebildet werden?
Erste Schritte:
- Bevor die Arbeitsverträge überarbeitet werden, kann eine Aufnahme des Status Quo helfen. Wann wurden Arbeitsverträge zuletzt bearbeitet und von wem? Was ist darin eigentlich geregelt? Spiegeln die Verträge unsere betriebliche Realität wider? Sind die Verträge für die Arbeitnehmenden verständlich formuliert? Ist die Länge, Sprache und Form generell passend entsprechend der bestehenden Unternehmenskultur?
- Klarheit über die unternehmensinterne Definition von New Work und der gelebten Kultur schaffen. Welche Themen sind uns besonders wichtig? Braucht es dabei einen vollständigen Neuentwurf oder reicht eine Überarbeitung der bestehenden Verträge?
Die Erfahrung zeigt: Es gibt dabei keine One-Size-Fits-All Lösung, deswegen ist es wichtig Transparenz und Klarheit zu der gelebten Organisationskultur zu schaffen.
Welche Themen sind arbeitsrechtlich von Bedeutung?
Einige Themen auf die wie ihr im New Work Kontext ein besonderes Augenmerk legen können und in denen Potential für strukturelle und systematische Veränderungen liegen sind:
- Rund um das Thema Vergütung: New Pay, Bedingungsloses Grundeinkommen, Transparente Gehälter
- Arbeitszeit: Vertrauensarbeitszeit, Gleitzeit, Arbeitszeitkonten, Entkopplung von Zeit & Gehalt, 4-Tage Woche, Job Sharing
- Arbeitsort: Digitales Nomadentum, Desk Sharing, Remote Teams, Home & Mobile Office
- Urlaub: Vertrauensurlaub, Workation, Menstruations"urlaub", Sabbatical, Alternative Feiertagsregelung (z.B verschiedene Religionszugehörigkeiten)
- Datenschutz
- Verständlichkeit (Sprache), Inklusion
Für den rechtlichen Rahmen gilt es dabei zu klären, ob das Konzept mit dem aktuellen rechtlichen Rahmen vereinbar ist und welche Klauseln wirklich in den Arbeitsvertrag müssen. So zum Beispiel die neuen Regelungen zum § 2 NachwG bzgl. Form, die besagt, dass Unternehmen verpflichtet sind, die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer*innen zu erfassen (Hinweis: Neue Regelungen seit 01.08.2022!).
Mit der Verankerung dieser Elemente im rechtlichen Rahmen und gelebten Arbeitsalltag kann auch der Grundstein für eine echte New Work-Kultur im Sinne Bergmanns geschaffen werden. Dabei steht vor allem die Ermöglichung von Potentialentfaltung im Vordergrund und sorgt damit für mehr Innovation und Engagement im Arbeitsalltag.
Gerade im Hinblick auf fluide Teams und agile Methoden wird schnell offensichtlich, dass die vereinbarten Stellenbeschreibungen in den Arbeitsverträgen der gelebten Realität hinterher hinken. Dabei können weite Formulierungen für Jobtitel und Rollenbeschreibungen hilfreich sein.
Fazit: Wie bereits eingangs erwähnt, kann es dafür keine allgemeingültig Lösung geben. Wir stellen fest, dass die neue Arbeitsrealität in den bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen oftmals keinen Platz findet. Wie und an welchen Stellen können wir den Status Quo challengen? Welche Best Practices gibt es bereits aus den Unternehmen in unserer Community?
Wir werden uns in Zukunft weiter diesem Thema widmen und Beispiele aufzeigen, die bereits jetzt neue Wege gefunden haben, um die Basis für eine echte New Work Kultur zu schaffen.