Vor einiger Zeit haben wir ein Interview mit Iulia Mitzner geführt. Sie hat die App Queen of the Neighborhood (kurz: QUOTN) gegründet, die User*innen mit nachhaltigen, von Frauen und Trans* gegründeten oder geführten Unternehmen verbindet. Einmal im Monat wird dort die "Queen of the Month" gekürt und in einem Interview per Video vorgestellt. Im Januar ging die Krone an die Driller Queens (das Interview könnt ihr hier nachlesen).
Diesen Monat wird die Ehre FairForce zuteil. FairForce ist ein offenes Projekt, das im Bereich Diversity, Inklusion, Gleichheit/ Gleichberechtigung, aber auch Intersektionalität, postkolonialer und transnationaler Feminismus und womxn’s entrepreneurship tätig ist. Was das genau bedeutet und wie der Weg zur Unternehmensgründung aussah, haben wir im folgenden Interview mit Gründerin Margherita geklärt.
Kannst du uns beschreiben, was Fair Force genau macht?
Margherita: Fair Force ist ein Projekt, ein Beratungsunternehmen; wir haben den Auftrag, Unternehmen zu helfen und sie dabei zu unterstützen, Strategien für Vielfalt, Integration und Zugehörigkeit zu entwickeln. Wir versuchen, Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre Unternehmenskultur integrativer zu gestalten und sicherzustellen, dass sie mit der Vielfalt, die bereits in ihrem Betrieb vorhanden ist, richtig umgehen können, und auch sicherzustellen, dass diese vielfältige Belegschaft als eine Stärke angesehen und für die Einzigartigkeit jedes einzelnen Teammitglieds geschätzt wird.
Die andere Seite des Projekts konzentriert sich auf Frauen. Also Frauen im weiteren Sinne. Wir begrüßen selbstverständlich alle Personen, die sich als Frauen identifizieren. Also auch Trans-Frauen und nichtbinäre Menschen sind für uns Teil dieses Begriffs. Wir sehen es als unsere Aufgabe, an ihrer Seite zu stehen, sie zu unterstützen und zu ermutigen, damit sie sich ihres Wertes bewusst werden und sich ihre Handlungsfähigkeit zu eigen machen und somit an ihrem Arbeitsplatz sicherer fühlen.
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Wie kann man dich beauftragen?
Margherita: Der Prozess, mich zu engagieren, ist eigentlich sehr einfach. Man kann mich auf Instagram oder auf der Website finden und einfach eine Nachricht oder eine E-Mail schicken und mir erklären, was man braucht oder wie die Situation und das Problem, mit dem man im Moment konfrontiert ist, genau aussieht. Vielleicht auch kurz beschreiben, wie ich helfen könnte, oder was genau von meiner Seite benötigt wird, und dann werde ich einen Vorschlag machen oder einen Termin vereinbaren. Dort kann man dann gemeinsam weitere Details besprechen, ich werde dann eine Reihe von Dienstleistungen anbieten, die meiner Meinung nach am besten zu den Bedürfnissen passt, und dann entscheiden wir gemeinsam, wann und wie wir am besten beginnen.
Fairforce Gründerin Margherita
Was sind die üblichen Schritte, die dann folgen?
Margherita: Die Schritte sind jedes Mal sehr unterschiedlich. Es hängt einfach stark davon ab, mit welchem Unternehmen ich arbeite, in welcher Phase sie sich befinden und wie das Bewusstsein für Vielfalt, Integration und Zugehörigkeit ist. Es hängt auch sehr davon ab, ob sie bereits Schritte in diesem Bereich unternommen haben und ob diese Schritte mehr oder weniger erfolgreich waren. Zudem kommt es auf das Umfeld an, das die verschiedenen Branchen bieten. Und natürlich richten sich meine ersten Schritte auch dananch, ob ich mit jemandem individuell arbeite – eher wie ein Coach – oder im Rahmen eines Trainings, bzw. mit einem Team und mehr auf der organisatorischen Ebene arbeite.
Ein Schritt, den ich immer mache, wenn ich auf Kund*innen oder Teams bzw. Einzelpersonen zugehe, ist ein ausführliches Gespräch über die Erwartungen, Ziele und darüber, wo der beste Treffpunkt zwischen mir als Moderatorin und Pädagogin und ihnen ist. Sie sind dabei ein Gebiet zu betreten, das sehr neu sein könnte oder über das sie bereits etwas wissen. Für mich ist es sehr wichtig, mit diesem tiefen Gespräch zu beginnen. Und dann, davon ausgehend, sicherzustellen, dass ihre Ziele entsprechend der Art von Dienstleistungen, Hilfe und Unterstützung, die ich anbieten kann, erreicht werden können, auch damit wir eine transparente Arbeitsbeziehung haben können. Natürlich inklusive der weniger bequemen Seiten, die mit den Themen Gleichheit, Inklusion und Zugehörigkeit einhergehen können.
Lass uns ein bißchen zurückgehen. Warum hast du dieses Projekt gestartet?
Margherita: Die Idee, Fair Force zu starten, begann eigentlich schon vor einer Weile. Ich habe mich immer ein wenig mit Unternehmenskulturen herumgeschlagen. Besonders innerhalb von Startups. Mir sind die strengen Hierarchien und hierarchischen Einstellungungen aufgefallen und ich persönlich habe ein wenig unter der gläsernen Decke gelitten – unter dem Gefühl, dass einige Leute mehr Stimme oder mehr Macht haben und andere weniger.
Seit ich hier in Berlin zu arbeiten begann, habe ich festgestellt, dass Organisationen und Unternehmen sich nur sehr wenig darüber bewusst sind, wie man Arbeitsplätze zu einem integrativeren Umfeld machen kann. Aber als ich mitten in meinem Master-Studium in Gender Studies war und noch in meinem alten Job arbeitete, wurde mir klar, dass ich das Wissen aus meinem Studium anwenden wollte, und zwar in einem Umfeld, dass ich kenne und in dem ich sein möchte, nämlich die Start-up-Szene. Das tat ich dann auch und begann in einer Organisation als Diversity Manager zu arbeiten. Dort trug ich viel zu den Strategien für Integration und Zugehörigkeit bei und beriet die Personalabteilung über einige intuitive Maßnahmen, die wir ergreifen könnten, um einen integrativeren Arbeitsplatz zu schaffen. Ich organisierte Schulungen und Trainings, aber irgendwie war es trotzdem nicht das richtige für mich. Ich hatte dort nicht die Möglichkeit, auf formelle Weise als Beraterin zu arbeiten, also dachte ich, dass ich das vielleicht einfach selbst machen sollte. Ich bin in Berlin, jeder gründet sein eigenes Unternehmen, dachte ich. Warum sollte ich die Einzige sein, die es nicht tut? Dann habe ich einfach damit angefangen.
Hast du Ratschläge für andere Leute, die ebenfalls ihr eigenes Unternehmen gründen, bzw. ihre eigenen Projekte verfolgen wollen?
Margherita: Nun, sein eigenes Projekt zu starten, kann sehr überwältigend sein. Aber eigentlich kann es auch sehr, sehr einfach sein. Ich habe bereits als Freiberuflerin gearbeitet. Also hatte ich bereits meine Steuer-ID. Ich habe angefangen, Deutsch- und Italienischkurse anzubieten. Ich hatte mich also aus anderen Gründen entschlossen, als Freiberufler zu arbeiten, und als ich mich entschied, meine Dienste als Diversity-Beraterin anzubieten, hatte ich meine rechtliche Grundlage bereits geschaffen. Der erste rechtliche Schritt als Freiberufler ist also sehr einfach. Man beantragt einfach beim Finanzamt seine Steuernummer. Natürlich hängt es auch von der Vision ab, ob man ein Start-up oder ein Unternehmen im Sinne eines Teams, eines Produkts oder einer komplexeren Art von Organisation aufbauen will. Dann muss man sich bestimmt etwas mehr informieren.
Was allerdings für mich schwierig war: Berlin und die ganze Welt im Allgemeinen ist einfach voller Menschen, die tolle Dinge tun. Man fragt sich zu Beginn: Wer bin ich, um einen Anspruch auf den Kuchen anzumelden? Was für einen Unterschied mache ich? Warum sollten Kund*innen zu mir kommen? Wie kann ich mich da draußen tatsächlich auf eine Weise positionieren, die einzigartig ist?
Dadurch ist mir bewusst geworden, dass ich eine Menge Werte anzubieten habe, eine Menge Fachwissen und einen großen Bildungshintergrund habe und ich bin mir nun sicher, dass ich all dies für meine Projekte nutzen kann, um viele Menschen zu unterstützen. Eine zielgerichtete Unterstützung anzubieten, das ist wirklich meine Motivation und meine Art, weiterzumachen.
Speziell im Feld der Beratung anzufangen, kann natürlich auch Schwierigkeiten in sich bergen. Vor allem, wenn man sich selbst zu Beginn nicht als sehr erfahrene Person betrachtet. Wir sind daran gewöhnt, dass Berater*innen Leute sind, die zehn, fünfzehn, vielleicht sogar zwanzig Jahren Erfahrung haben. Deshalb empfehle ich, sich von diesem Konzept der Beratung zu lösen und zu versuchen, die eigene Vorstellung davon, was man mitbringen muss, zu verinnerlichen. Welche Fachkenntnisse hat man? Welche Erfahrung oder Motivation treibt einen an, auf Kund*innen zuzugehen? Meine Empfehlung ist, das, was man tun und anbieten will zu praktizieren, ohne sich einzureden, dass man nicht genug ist, dass man zu jung ist etc. Einfach versuchen, den Weg mit einem gewissen Selbstvertrauen zu gehen – auch wenn es schwierig ist.
Und zu guter Letzt: Kannst du uns über deine Erfahrungen als Teil der "Queen of the Neighbourhood" berichten?
Margherita: Es ist eine solche Ehre und gleichzeitig ein wichtiges Statement, Teil einer explizit feministischen Geschäftsidee und eines Projekts wie "Queen of the Neighbourhood" zu sein. Für mich ist es einfach der perfekte Ort, bzw. der richtige Rahmen, weil es absolut auf meine Werte abgestimmt ist. Zudem ist es auch auf den Zweck und die Mission von Fair Force ausgerichtet. Ich denke, dass die "Queen of the Neighbourhood" dazu da ist, Unternehmen mit ähnlichen Zielen zu verbinden, also ist es eine ganz natürliche Verbindung zwischen unseren Projekten. Für mich bedeutet es im Grunde genommen, mit anderen Einheiten in Verbindung zu treten, die ähnliche Werte teilen.
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