Corporate Social Responsibility
CSR - die Art und Weise wie ein Unternehmen sich als Teil der Gesellschaft versteht – als Mitbürger – mit Rechten, aber auch mit Verantwortung. Damals als der Begriff gängig wurde, hieß es einfach irgendetwas Nettes „on-top“ machen, damit die Firma damit angeben konnte. Eine Art Marketing. In manchen Firmen ist es immer noch so. Die CSR-MitarbeiterInnen saßen in der Marketingabteilung und durften manchmal einen Bruchteil des Gewinns an irgendwelche Organisationen spenden und das natürlich mit möglichst viel Presserummel. Das ist aber sehr altmodisch und (hoffentlich) Geschichte.
Eins steht fest: Der Konsument wird kritischer und verlangt von Unternehmen, dass sie durch und durch – vom Kerngeschäft abhängig und beeinflusst – ihre gesellschaftliche Verantwortung anerkennen und dafür Rechnung tragen. Unternehmen sollen nicht die Umwelt zerstören, sie sollen keine Menschen ausbeuten und sie sollen Produkte herstellen, die sicher und nachhaltig sind. CSR und die damit einhergehenden Verantwortungen nehmen eine zunehmend wichtige Rolle bei Firmen ein und können in jeder Abteilung auftauchen.
In Deutschland sind unter anderem Netzwerke wie UPJ und econsense dafür zuständig, dass das Thema an Bekanntheit und Professionalität gewinnt und helfen damit CSR Jobs aus der angestaubten Ecke. Zudem informiert das Magazin „Forum Nachhaltig Wirtschaften“ in Kombination mit dem Portal www.forum-csr.net zu dem Themenfeld.
Das Berufsbild von CSR Manager*innen ist ziemlich neu und noch gibt es wenige Ausbildungen in dem Bereich, weshalb in CSR Abteilungen meist Menschen mit verschiedenen Profilen und Ausbildungen arbeiten. Durch verschiedene Aus- und Weiterbildungen professionalisiert sich dieses Berufsbild immer weiter und auch mittelständische Unternehmen suchen immer öfter nach CSR Manager*innen.
Miriam Bingemann arbeitet bei concern, einem Consultingunternehmen, das sich auf Corporate Social Responsibility fokussiert. Im Interview teilt sie mit uns, warum CSR mehr sein sollte als Marketing und was es braucht, um in diesem Job erfolgreich zu sein:
Miriam, du arbeitest bei einem Consultingunternehmen, das sich auf Corporate Social Responsibility fokussiert. Was bedeutet CSR für dich?
Klimawandel, soziale Ungleichheit, Integration, Hunger und Armut... Die Liste an gesellschaftlichen Herausforderungen, mit denen wir uns gegenwärtig konfrontiert sehen, ist lang. Sie zu bewältigen bedarf der Beteiligung aller – neben Unternehmen ist auch jede*r Einzelne von uns gefragt. Persönliches Interesse sorgte bei mir schon früh für eine Auseinandersetzung mit nachhaltiger Entwicklung und dem Gedanken der gemeinsamen Verantwortung für Menschen und die Umwelt. Um selbst Verantwortung zu übernehmen (personal social responsibility (PSR)), habe ich über die letzten Jahre meinen Lebensstil oft hinterfragt und ändere immer wieder meine Gewohnheiten. Da es nicht ausreicht, wenn diese Veränderungen bei mir aufhören, habe ich mich entschieden, einen Beruf im Bereich CSR anzugehen, um auch Unternehmen beim nachhaltigen Handeln zu unterstützen. Damit bedeutet CSR für mich, dass ich meine persönlichen Werte und Einstellung im Beruf integrieren und vorantreiben kann.
Manche Firmen sehen CSR als reine Marketingaufgabe. Was würdest du ihnen sagen?
Auf kurz oder lang müssen Unternehmen erkennen, dass sie nur in einem funktionierenden Gemeinwesen und in einer langfristig intakten Umwelt prosperieren können. Dazu reicht es nicht aus, nur Imagepflege zu betreiben, sondern Taten müssen folgen. Werden vorgetäuschte Absichten durchschaut und Unternehmen als „Lügner“ entlarvt, können sie dadurch ihre wichtigsten Kund*innen und besten Mitarbeiter*innen verlieren. Dagegen bringen die allgemeine Bereitschaft, sich als Teil der Gesellschaft auch für deren Belange einzusetzen und die erfolgreiche Integration von CSR entlang der gesamten Wertschöpfungskette enormes Wettbewerbspotential mit sich. Das heißt, Gemeinnutz und Gewinnstreben müssen sich nicht ausschließen. Im Gegenteil: Soziales Engagement führt oft zu mehr Gewinn. Unternehmen sollte neben der Profitmaximierung dennoch etwas daran liegen, durch die Übernahme von Verantwortung „einen Unterschied“ für die Gesellschaft zu erreichen. Danken werden es nachfolgende Generationen, Mitarbeiter*innen, Kund*innen und nicht zuletzt die Umwelt.
Was genau machst du und wie schaut ein normaler Arbeitstag bei dir aus?
Tatsächlich werde ich das im Freundeskreis oft gefragt und die Antwort ist gar nicht mal so leicht. Die Arbeit ist nämlich sehr abwechslungsreich und umfasst verschiedenste Aufgaben – von Akquiseterminen, zur Ausarbeitung von Angeboten über die Gestaltung von Workshops bis zu der Begleitung von Strategieprozessen für unterschiedliche Unternehmen aus den verschiedensten Branchen. Natürlich bewältige ich diese Aufgaben nicht alleine, sondern in enger Zusammenarbeit und Absprache mit den erfahrenen Partner*innen unserer Beratung. Dabei lerne ich jeden Tag mehr und erhalte zunehmend Verantwortung. Ziel ist es, irgendwann Projekte eigenständig zu leiten.
Derzeit bin ich vor allem in zwei Projekte eingebunden. Zum einen begleiten wir einen Strategieprozess eines Automobilherstellers im Bereich der verantwortungsvollen Unternehmensführung. Dabei beschäftigen wir uns im Detail mit Fragen der Compliance und Wertekultur. Zum anderen arbeiten wir mit gemeinnützigen Organisationen am Thema Unternehmenskooperationen.
Abgesehen von der Projektarbeit gibt es natürlich noch interne Aufgaben. Neben der Recherche für Artikel, die wir als Beratung publizieren, kümmere ich mich vor allem um das Wohlergehen unserer Praktikant*innen und Hiwis, die fest in die Projekte eingebunden sind und unsere Arbeit unterstützen. Außerdem haben wir uns als CSR Beratung natürlich auch selbst ambitionierte Nachhaltigkeitsziele gesetzt, an deren Umsetzung wir alle zusammen jeden Tag arbeiten.
Natürlich gehört auch das Reisen zum Beraterleben dazu. Jedoch halten sich bei uns die Arbeit bei Klient*innen vor Ort und die konzeptionelle Ausarbeitung im Headquarter weitestgehend die Waage. Das ermöglicht es mir, ein soziales Leben in meiner Wahlheimat Köln aufzubauen. Generell habe ich viele Freiheiten, die ich sehr schätze und vermutlich bei großen Beratungen nicht wahrnehmen könnte. Meine persönlichen Interessen werden hier gefördert. Home-Office ist jederzeit möglich, genauso wie sich ab und zu für ein kreativeres und freieres Arbeiten in ein Café oder ähnliches zu setzen. Ansonsten ist unsere Arbeit vor allem ergebnisorientiert und basiert auf Vertrauen. Das bedeutet, dass hier keiner darauf schaut, wer wie viele Stunden im Büro sitzt, sondern die Ergebnisse zählen.
Welche Ausbildung und welche Fähigkeiten braucht man deiner Meinung nach für diesen Job?
Ich selbst habe BWL studiert, was mir dabei hilft, Unternehmensstrukturen, Arbeitsprozesse, was Unternehmen bewegt und ihr Umfeld zu verstehen. Ein wirtschaftlicher Hintergrund hilft also, ist aber nicht zwingend notwendig. Oft ist sowieso die interdisziplinäre Arbeit am fruchtbarsten. Beratungen profitieren daher davon, Menschen mit unterschiedlichen Ausbildungen einzustellen. Daher denke ich, dass die Ausbildung allein für den Job nicht das entscheidende Kriterium ist. Tatsächlich denke ich, dass gewisse Fähigkeiten noch viel wichtiger sind:
- Begeisterungsfähigkeit. CSR ist auch eine persönliche Einstellung, weshalb man sich für Themen rund um Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit begeistern sollte.
- Kreativität und Strukturiertheit. Auch wenn es sich bei CSR nicht um ein neues Thema handelt, erfordert der Umgang damit und die Lösungsfindung viel Kreativität. Dabei hilft es natürlich auch, wenn man strukturiert denken kann und analytische Fähigkeiten mit sich bringt.
- Neugier und Offenheit. Man sollte auf jeden Fall auch neugierig und offen für neue Sichtweisen sein. In der Praxis geht es oft viel pragmatischer zu, als man es vom Studium kennt und Lösungen liegen in der Einfachheit.
- Empathievermögen. Da man in der Beratung in erster Linie mit Menschen zu tun hat, ist Empathievermögen das A und O. Um Gehör zu finden und einen Wandel einzuleiten, muss man die Anliegen und Bedürfnisse der Klient+innen verstehen und in der Lage sein, darauf einzugehen.
- Selbstsicherheit. Ein gesundes Selbstbewusstsein und Vertrauen in sich selbst hilft dabei, sich in neuen Situationen zurechtzufinden – und die gibt es in der Beratung immer wieder.
- Eigeninitiative. Letztendlich ist man nicht nur der Schmied seines Glücks, sondern auch seines Jobs. Sobald man die Prozesse und Arbeitsweisen in seiner Beratung verstanden hat, kann man damit beginnen, Themen und Vorschläge aus eigener Motivation heraus einzubringen.
Welche Tipps möchtest du angehenden CSR-Berater*innen an die Hand geben?
Gerade als CSR-Berater*in startet man den Job oft mit großen Idealen, die Welt zum Besseren zu verändern – das wär‘s! Ich will nicht sagen, dass man sich davon frei machen muss, man sollte aber erkennen, dass alle großen Veränderungen im Kleinen beginnen. „Think big“ ist gut, aber auch auf die kleinen Erfolge sollte man lernen stolz zu sein. Am Ende des Tages sollten sich angehende CSR-Berater*innen immer mal wieder selbst hinterfragen, ob man das, was man seinen Klient*innen empfiehlt und vermittelt, in der eigenen Arbeit auch selbst lebt und umsetzt.